Von Pfauen und Frauen

Pfauenhennen fliegen auf Hähne mit prächtigen Rädern, während Frauen auf Gockel mit protzigen Karossen abfahren. Die sexuell selektive Frau erkennt im Porsche die Potenz, weil nur ein kampfstarker Pfau sich den Federschmuck leisten kann. Aus diesem Grund, so war es neulich hier zu lesen, sind auf dem Wandbild im Ständeratssaal auch keine Frauen innerhalb des Landsgemeinderings zu sehen. Sie stillen lieber draussen den Säugling, dienen dem Mann und zieren das Bild. Eine Bundesrätin, die sich Damen auch innerhalb der Mauer denken kann, muss jener genderwahnsinnigen Denkschule verfallen sein, wonach nicht sein kann was nicht sein darf: Frauen wollen weniger verdienen als Männer. Den vernünftigsten Beweis dafür liefern, so steht es im Artikel, die egalitären Gesellschaften, wo die Unterschiede bei der Berufswahl am grössten sind. Mädchen wählen soziale Berufe, Buben reizt die Technik, womit beide auch das entsprechende Lohnniveau akzeptieren. Die Henne entscheidet sich ohnehin am Ende für den radschlagenden Pfau, dann lässt er seine Federn und fortan trägt sie den Schmuck zur Schau. Die Frau dekoriert das Heim, macht Besuche und gibt Empfänge. Geht sie aus dem Haus, putzt sie sich heraus, Mädchen sind eben «gerne geputzt und gefallen sich, wenn sie geziert sind«. Des Pfauen Federschmuck macht ihn zum selektierten Subjekt, die Henne verziert er nun zum schönen Objekt.

Nur – all das liegt nicht an der Biologie, auch sind keine Soziologen daran schuld, wir verlassen uns beim diffizilen Pas de deux nur einfach gern auf gewohnte Routinen, vertraute Rollen und bewährte Regeln. Doch wenn Löhne sinken, wo der Frauenanteil steigt und man im Escortservice mehr verdienen kann als im Pflegedienst, dann geht es weder um persönliche Moralvorstellungen noch um private Vorlieben beim Balzverhalten, sondern um die aufgeklärte Barrierefreiheit öffentlicher Wertschätzung. Lange schon steht unser Wille zur Gleichstellung in der Verfassung, die Umsetzung wurde spät und äusserst zögerlich realisiert, gesetzlich ist das Ziel jedoch erreicht. Geblieben ist die Treppe, welche auf dem Weg zur Teppichetage aus eigener Kraft erklommen werden muss. Wer Frauen hier eigene Schwäche vorwirft, wenn sie sich in Rock und Highheels mit Kind, Staubsauger und Wäschezeine auf der steilen Treppe nicht gegen ihre diesbezüglich unbeschwerten Kollegen durchsetzen kann, könnte ebenso behaupten, dass es grundsätzlich keine Lifte braucht.

Es ist der Pfau, der kein Rad schlagen kann, dem wir dank zivilisatorischer Errungenschaften seinen Platz auch ohne einschüchterndes Imponiergehabe zugestehen können. Dem technischen und sozialen Fortschritt verdanken wir Schaufel und Schutzhelm im Kampf ums Überleben: Liberté, Égalité, Fraternité! Wir schätzen heute Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität und verdanken all das der Erkenntnis, dass das faire Teilen von Macht und Wohlstand in einer liberalen Gesellschaft sich langfristig für alle auszahlt. Erreicht haben wir das, weil Minderheiten mutige Ziele formulierten, die in den jeweils herrschenden Ohren wohl selten sinnvoll klangen. Wer seine göttliche Ordnung angegriffen sah, verteidigte sie schon immer gern mit angeblich naturgegebenen Umständen. Der Monarch hat blaues Blut, der Kirchenfürst ist auserwählt und die toxische Idee genetischer Überlegenheit fliesst seit Jahrhunderten durch entsprechend infizierte Adern.

Niemand will dem Pfau die Federn rupfen, so wie keiner ernsthaft in allen Gruppen, Ämtern und Positionen eine staatlich erzwungene Geschlechterparität durchsetzen will. Wer das behauptet, schürt absichtlich Ängste und schafft Feindbilder. Körperliche Merkmale sind privat, geradezu intim. Die Politik hat ausschliesslich die geteilte Öffentlichkeit zu regeln, im äussersten Fall die Grenzen persönlicher Räume. Wer unterschiedliche Chancen, Freiheiten und Möglichkeiten von Menschen in unserer Gesellschaft biologisch begründet, argumentiert bewusst biologistisch. In aller Stille werden die liberalen Errungenschaften aller in libertäre Privilegien einiger weniger pervertiert. Der amerikanische Präsident macht aller Welt vor, wie man politisch Unkorrektes durch sämtliche Kanäle der sozialen Medien presst. Weil eine kleine Elite sich für ebenjene Pfauen hält, die sich die mächtige Federpracht leisten können, stiftet sie eine wachsende Zahl von Menschen dazu an, soziale, moralische und ethische Hemmschwellen in einer liberalen Gesellschaft täglich ein bisschen tiefer zu setzen. Sie sehnen sich zurück in die anarchische Hackordnung, wo der Hahn mit dem grössten Rad den Ton angibt. Das mag hier und jetzt bei Genderfragen tatsächlich harmlos klingen, doch wir wissen, wohin dergestalt begründete Diskriminierung am Ende führen kann.

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3 Antworten

  1. gripseljagd sagt:

    Zu erkennen, dass das Rad wirkt, ob wir wollen oder nicht, ist ein wichtiger Schritt, seinen Einfluss zu begrenzen. Es ist falsch evolutionäre Wurzeln zu verleugnen. Sie anzuerkennen , sich zu erkennen, ermöglicht bewusst zu Handeln und sich zu entscheiden. Welcher Weg ins eigene Glück führt muss jeder selbst entscheiden.

    • Niemand leugnet Wurzeln, nur auf unseren Umgang mit der Wirkung von Rädern haben wir schon willentlichen Einfluss. Tatsächlich ist es wichtig, zu handeln und für sich selbst zu entscheiden – ohne andere zur eigenen Sicht zu zwingen.

    • gripseljagd sagt:

      Tja, das ganze Leben zerrissen, zwischen Biologie, Verstand, dem eingeredet wird er muss produktives Mitglied der Gesellschaft sein, Kampf um Dinge die wir nicht brauchen nur um zu Balzen….Es gibt Menschen die an so einen Unsinn wie ein höheres Wesen glauben, im Vergleich dazu, sind die, die nicht gegen ihre Radvorliebe ankämpfen viel realistischer. Zum Glück, kann man sich in unserer Ecke der Welt frei entscheiden ohne extreme Konsequenzen befürchten zu müssen.

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