Neuer Frauenhandel

Foto: Johanna Angele
Foto: Johanna Angele

Man muss wohl in einem ganz besonderen Biotop leben, um auf die Idee zu kommen, einen Zertifikatehandel für die Geschlechterverteilung in Unternehmen einzuführen. Drei Ökonomen schlagen nun aber genau das vor. Ihrer Meinung nach wäre so die Umsetzung von Frauenquoten günstiger zu haben als mit einer starren Variante. Zusätzlich würden Anreize geschaffen, um auch dann mehr weibliche Arbeitskräfte einzustellen, wenn die Quote bereits erfüllt ist. Abgesehen davon, dass wir weit davon entfernt sind, eine solche tatsächlich einzuführen, geschweige denn zu erreichen, haftet auch dieser Idee der Makel an, dass der Staat sich in die ureigenen Händel der Wirtschaft nicht einmischen sollte. Zu diesem Schluss kommt auch Hansueli Schöchli in der NZZ. Ihm sei an dieser Stelle herzlich fürs Aufspüren und bereichernde Thematisieren dieser Idee gedankt. Doch auch zu diesem Artikel über Frauenquoten sind die Kommentare männlich, im Kern bitter frauenfeindlich, wenn auch in süsse frauenfreundliche Argumente gehüllt.

Es ist erstaunlich, mit welcher Energie das Thema seit Jahrzehnten zerredet wird. Man will es uns verleiden, die Suppe verkochen und verdampfen, sie so versalzen, dass sie keinem mehr schmeckt. Die Strategie scheint aufzugehen, denn mittlerweile ist auch eine Vielzahl von Frauen gegen die Quote. Allen voran jene, die es an die Spitze geschafft haben und endlich etwas bewirken könnten. Die Diskussion haben einst unsere Mütter und Grossmütter angefangen, nun drängt eine Generation auf den Arbeitsmarkt, der man lange genug eingetrichtert hat, wie wenig erstrebenswert es sei, als Quotenfrau zu enden. Natürlich wollen sie es selber schaffen, sie sind mit Jungs aufgewachsen, hatten Gelegenheit genug, sich durchzusetzen, sind ebenso gut ausgebildet wie ihre männlichen Kollegen und sie sind es gewohnt, dieselben Rechte zu geniessen. Wo das Zerreden alleine nicht hilft, wird der Spiess umgedreht: es gibt zu viele Frauen im Lehrberuf, die Buben können sich ohne männliche Vorbilder in einem weiblich geprägten Schulbetrieb nicht entfalten und haben in der Folge Nachteile. Das mag sein, aber sie scheinen sich davon nicht aufhalten zu lassen: die Zahlen an den Spitzen der Unternehmen sprechen jedenfalls noch immer eine deutlich andere Sprache. Aber wer weiss schon, was kommt.

Als präventive Massnahme läuft auf jeden Fall bereits eine Charmeoffensive in Form einer steigenden Wertschätzung von Mutterschaft und Anerkennung von Familienarbeit. Das ist an sich rühmlich, aber eben auch verführerisch. Denn spätestens jetzt verabschieden sich die von der weiblichen Übermacht im Lehrkörper verwöhnten Mädchen reihenweise vom Weg nach oben. Man steht Spalier und applaudiert. Die Alternative allerdings ist ein Spiessrutenlauf: Kitaplatzknappheit, Betreuungskosten, Teilzeitarbeit und rabenmütterliche Fremdbetreuung. Grundsatz- und Gelddiskussionen sind fast immer ein Garant dafür, das Finden einer Lösung erfolgreich zu vermeiden. Frauen wissen das. Wem das noch nicht reicht, würzt den Giftcocktail am besten mit Neinsagen und Schlechtreden, das funktioniert eigentlich immer: Mütter leiden unter der Doppelbelastung von Kind und Karriere, Betreuungsstrukturen kosten Geld, das weder der Staat noch die Wirtschaft aufbringen kann. Die Umsetzung einer starren Frauenquote treibt Unternehmen allein schon deshalb in den Ruin, weil es kaum qualifizierte und arbeitswillige Frauen gibt.

Frauen werden zum Problem, sobald sie das Haus verlassen, sie werden daheim gebraucht, nicht im Büro – ausser zur Erfüllung einer verordneten Quote natürlich. Hier setzt die Idee mit den Zertifikaten an: indem man Handel mit ihnen treibt, steigt der Marktwert der Frauen, dank entsprechender Anreize, werden sie vermehrt begehrt. Natürlich klingt das nach Frauenhandel, auch im Sexgewerbe wird über das Für und Wider von Regulierung gezankt. Doch hier wie dort meidet man vor allem eines: die eigentliche Debatte über Rolle und Wertschätzung von Frauen in unserer Gesellschaft. Wir haben die Gleichberechtigung politisch längst erreicht. Doch die Hoffnung, dass aus der Gleichberechtigung auch eine Gleichstellung wird, hat sich bis heute nicht erfüllt. Statt immer neuer Diskussionen über Nachteile und Probleme tät ein konstruktiver Ansatz not, einer, der die Vorteile einer ausgeglichenen Geschlechterverteilung in den Vordergrund stellt. Wir brauchen dringend mehr Vielfalt, sowohl in der Wirtschaft als auch in allen anderen Bereichen der Gesellschaft, wie es McKinsey in den Women Matter Studien schon seit Jahren empfiehlt. Ausgerechnet hier aber bleibt ihr in Chefetagen sonst so geschätzter Rat ungehört.

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